Im Ayurveda ist Prakriti die Grundlage alles Materiellen im Universum. Sie bezeichnet das sich manifestierende. Im Ayurveda bilden die 5 Elemente (Pancha Bhuta) Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther jegliche Materie im Universum, einschliesslich des menschlichen Körpers.
Die Prakriti beschreibt das Erscheinungsbild, die Veranlagung eines Menschen. Sie setzt sich aus den drei Doshas Vata (Bewegung), Pitta (Verdauung) und Kapha (Anhäufung) zusammen. Das Konzept der drei Konstitutionstypen entspricht einer Klassifikation nach morphologischen und physiologischen Eigenschaften und Verhaltensmerkmalen, so bezeichneten Phänotypen. Doch hat diese Klassifikation der traditionellen Medizin Indiens eine wissenschaftlich nachweisbare Grundlage?
Anders formuliert: Können genetische Untersuchungen die Korrelation zwischen dem Genom und der Klassifikation von Prakriti untermauern und Prakriti mit einer personalisierten Medizin gleichsetzen?
In der ayurvedischen Praxis ist das Prakriti eines Patienten zu bestimmen unerlässlich. Es entscheidet massgeblich über die Behandlung. Das Prakriti gibt Hinweise auf die Veranlagung des Patienten und damit zu seiner individuellen Neigung zu Krankheiten und seiner daraus resultierenden Behandlung.
Bereits 2005 vermuteten Patwardhan Bhushan, Joshi Kalpana und Chopra Arvind, eine genetische Grundlage für die durch Prakriti beschriebenen Phänotypen. Unabhängig von ethnischen oder geograpischen Bezug.
Sie verglichen das Prakriti von Testpersonen mit ihrem humanen Leukozytenantigen und kamen zu dem Schluss, dass eine Korrelation besteht, die jedoch validiert werden muss. Denn die Validierung hätte weitreichende Auswirkungen auf die Pharmakogenomik, die moderne Genetik, die menschliche Gesundheit und den Ayurveda, so die Forscher.
Siehe Studie: Classification of Human Population Based on HLA Gene Polymorphism and the Concept of Prakriti in Ayurveda
Wenige Jahre später veröffentlichten Yogita Ghodke, Kalpana Joshi und Bhushan Patwardhan eine weitere Studie, mit der sie die genetische Basis von Prakriti untermauern wollten. Sie legten zugrunde, dass Personen mit Pitta Prakriti schnelle Metabolisierer, während Kapha Prakriti Personen vergleichsweise langsame Metabolisierer sind. Daraus folgernd stellten sie die Hypothese auf, dass verschiedene Prakriti unterschiedliche Arzneimittelstoffwechselraten aufweisen können, die mit dem Polymorphismus des Arzneimittelmetabolisierungsenzyms (DME) verbunden sind.
Die Studie lieferte den Beleg, dass die metabolische Variabilität den verschiedenen Prakriti-Typen zugeordnet werden kann. Es bestand eine signifikante Assoziation zwischen dem CYP2C19-Genotyp und den Hauptklassen der Prakriti-Typen. Allerdings war die Studie mit 132 Testpersonen sehr klein angelegt. Siehe: Traditional Medicine to Modern Pharmacogenomics: Ayurveda Prakriti Type and CYP2C19 Gene Polymorphism Associated with the Metabolic Variability
2012 untersuchte ein Team den Zusammenhang zwischen dem Konstitutionstyp und kardiovaskulären Risikofaktoren, Entzündungsmarkern und Insulinresistenz bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit. Sie kam zu dem Schluss, dass ein enger Zusammenhang zwischen Vata Kapha und Kapha Prakriti und Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck, Dyslipidämie, Insulinresistenz und Entzündungsmarkern besteht. Siehe: Association of constitutional type of Ayurveda with cardiovascular risk factors, inflammatory markers and insulin resistance
2014 wies ein Team nach, dass Prakriti-Kapha Typen einen erhöhten Spiegel an aktiven B Zellen und natürlichen Killerzellen aufweisen. Das spricht für ein starkes Immunsystem, das eine bessere und schnellere Immunantwort auslösen kann. Diese Erkenntnis geht mit Textreferenzen im Ayurveda konform. Siehe: target=“_blank“ rel=“nofollow“>Immunophenotyping of normal individuals classified on the basis of human dosha prakriti
Bis heute folgten viele weitere Studien, die Prakriti wissenschaftlich untermauert. Allerdings beziehen sich alle Studien nur auf einen Aspekt. Dem Zusammenhang spezifischer Gene mit den Prakriti-Typen. Was fehlt, ist eine Zuordnung des Genoms zu den Prakriti-Typen.
Diese Lücke schloss ein Team um Periyasamy Govindaraj. Sie führten eine genomweite SNP-Analyse (Single Nucleotid Polymorphismus) durch und kamen zu dem Schluss, dass die phänotypische Klassifikation der traditionellen Medizin Indiens eine genetische Grundlage hat. Siehe: Genome-wide analysis correlates Ayurveda Prakriti
All diese Studien bestätigen, dass es einen Zusammenhang zwischen den im Ayurveda zugrundeliegenden Doshas und dem Genom eines Menschen gibt. Die zwingende Einordnung des Phänotyps zur Behandlung eines Menschen entspricht einer Medizin, die auf die genomische Verschiedenartigkeit Rücksicht nimmt. Interessant wird in der Zukunft, welchen Einfluss die Studien auf die westliche Medizin haben werden. So könnten beispielsweise Medikamente auf den Prakriti Typ abgestimmt werden um eine bessere Verträglichkeit zu garantieren.
Interessant ist auch, dass eine Gesundheitslehre, die bereits 1500 Jahre vor der aktuellen Zeitrechnung bestand, auf fundamentalen Füßen steht, die keine Konkurrenz zur westlichen Medizin bildet, sondern in vieler Hinsicht eine Ergänzung darstellt. So wie sie heute parallel in Indien die moderne Medizin begleitet und ergänzt.
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